Festgottesdienst zum 150-jährigen Jubiläum
am 4. November 2007
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Folgendes war am 8. November 2007 im Schlitzer Bote zu lesen:

Turmperspektive

Feierlicher Gottesdienst zum Jubiläum des Posaunenchors in der Stadtkirche

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SCHLITZ (gh). Es war ein gelungenes und schönes Fest zum 150-jährigen Bestehen des Schlitzer Posaunenchors am Sonntag, dem 4. November. Nicht nur, dass um die 80 Bläserinnen und Bläser der umliegenden Posaunenchöre aus Niederjossa, Queck, Langenschwarz, Hartershausen, Stockhausen, aus Lauterbach und Maar sowie aus Alsfeld und Altenburg der Einladung gefolgt waren. Auch die Stadtkirche war fast bis auf den letzten Platz gefüllt mit festlich gestimmten Gottesdienstbesuchern. Eine solche Feier schüttelt man ja
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nicht einfach so aus dem Ärmel. Sie bedarf weiträumiger Vorbereitungen und genauester Planungen im Vorfeld. Andreas Fehr aus dem Posaunenchor hatte mit großer Übersicht und Sorgfalt für das Detail die Organisation übernommen. Es gelang ihm vorzüglich. Schon weit im Vorfeld hatten sich die Bläserinnen und Bläser zu zwei sogenannten Blockproben getroffen. Immer wieder beeindruckend, wie sich die Generationen mischen, wie die Bläserinnen einen wichtigen Bestandteil des Klangkörpers ausmachen. Bläsertreffen erinnern immer wieder an ein großes Familienfest. Viele Hallos, man kennt sich…
Landesposaunenwart Albert Wanner hatte die Blasmusiken ausgesucht und die musikalische Leitung der großen Bläsergemeinde übernommen. Zum Vergnügen aller haben seine Proben stets einen hohen Unterhaltungswert. Er verstand es auch diesmal wieder, zwischen Fördern und Fordern zu tarieren.
„Ihr müsst locker bleiben und Spaß am Blasen haben… ihr müsst leidenschaftlicher blasen… im Forte bis an die
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Grenzen gehen… mit mehr Risiko blasen… ihr dürft Fehler machen, aber blast die Fehler schön, dann ist es nicht so schlimm…“, sind einige Zitate von ihm aus der Probenarbeit. Und immer wieder zur Ermunterung und mittlerweile zum geflügelten Wort seiner Bläsergemeinde geworden: „…da ist schon viel Schönes dran!“ War es auch!
Wirklich problematisch waren eigentlich nur die akustischen Verhältnisse der in so heller Pracht wiederhergestellten Kirche. Im hinteren Altarraum entstehen regelrechte Klangwirbel, sodass die Töne aus dem Hinterraum von den Bläsern vor den Chorraumstufen zu spät wahrgenommen werden und umgekehrt. Das Zusammenspiel leidet. Noch in letzter Sekunde vor dem Gottesdienst wurden durch Albert, so nennen ihn fast alle Bläser, Korrekturen gemacht und ganze Bläsergruppen in das Kirchenschiff umversetzt. Doch all dies geschah nicht in Hektik, sondern zeichnete sich aus durch Ruhe und Gelassenheit, sozusagen gespeist aus der Fülle seiner barocken Natur…
Barock war dann auch das Eingangsmusikstück zum Gottesdienst. Mit dem „Rigaudon“ des Barockmeisters André Campra begrüßte der Bläserchor die Festgemeinde. Hell und kraftvoll erschallten die Trompeten und Posaunen und durchdrangen das ehrwürdige Kirchlein bis in
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den letzten Winkel.
Die Seelen der Gottesdienstbesucher waren erreicht. Auch die Bläser fühlten sich bewegt…
Pfarrer Siegfried Schmidt, selber Bläser, stellte die Feier in den Dienst Gottes und begrüßte alle. Dabei bedankte er sich besonders bei Albert Wanner und den Bläsern für ihren Beitrag zum Fest. Es folgten, wie es so üblich ist, die Grußworte. Herr Erzgräber, Beauftragter des Dekanats Vogelsberg und Herr Schwarz als Vertreter des Posaunenchors Stockhausen gratulierten dem 150-jährigen Jubilar und wünschten auch für die Zukunft alles Gute. Herr Graf von Münster, Leiter der Kirchenmusikabteilung bei der Kirchenleitung in Darmstadt hatte sich angesagt, war aber wohl, so vermutete man, am Kirchheimer Dreieck im Stau steckengeblieben. Auch Bürgermeister Schäfer, musste aus dringenden persönlichen Gründen seine Teilnahme am Gottesdienst absagen. Inzwischen sind aber seine Grußworte (mit Präsent) in der Gemeindepfarrei angekommen.
Die Posaunenchorbewegung nach Johannes Kuhlo hat sich in der heutigen Zeit mächtig verändert. Ein wichtiger Bestandteil der musikalischen Literatur bildet heute die moderne Musik: Swing, Pop,
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Traditional und Spiritual sind bevorzugte Gattungen in den einschlägigen Bläserwerken.
Ein Spiritual-Gebet von Enrique Crespo, das der Bläsercor als nächste Musik blies, verlangte mit seinem Hang ins Meditative von den Bläsern strenge Disziplin und
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gutes Aufeinander-Hören. Die musikalischen Bewegungen sind in den verschiedenen Registern tief miteinander verwoben. Einige fanden das Stück besonders gut gelungen.
Die beiden Mitbläser Horst Kuhn und Hermann Franke verlasen dann einen Rückblick auf die Geschichte des Schlitzer Posaunenchors, richtiger müsste es eigentlich heißen: auf die Geschichte des Schlitzer Turmblasens. Den Festtagsbesuchern sollte auf diese Weise noch einmal der Bezug zum feierlichen Anlass des Gottesdienstes vor Augen geführt werden. Sichtbar wichtiger Teil einer Jubiläumsfeier stellt allemal die Ehrung der Jubilare dar.
Lydia Appel-Moritz, Vorsitzende des Bezirks Oberhessen beim Posaunenwerk der EKHN und selber engagierte Bläserin aus Alsfeld, brachte zunächst ihren Wunsch zum Ausdruck, dass auch in Schlitz sich zunehmend junge Menschen für die schöne Sache des Posaunenblasens finden mögen.
Folgenden Bläserinnen und Bläsern des Schlitzer Posaunenchors überreichte sie Urkunden bzw. Ehrennadeln:
Johanna Franke, Heide-Christel Hohmeier, Peter Matis, Micha Hintermeyer und Horst Kuhn erhielten eine Silberne Ehrennadel als Jungbläser.
Die Altbläser Hermann Franke, William Massamba, Ulrich Bornschein, Andreas Fehr und Hardi Dietz bekamen
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eine Goldene Ehrennadel.
Georg Saurwein, als Dienstältester, erhielt für 50
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Jahre Blasen einen Kunstdruck und eine Urkunde.
Jörn Albrecht und Günter Hohmeier schließlich erhielten je eine Urkunde (Jörn noch eine Goldene Ehrennadel dazu) für ihre Arbeit als Chorleiter.
Dem Chor als Hauptjubilar wurde eine Gesamturkunde überreicht. Man war in der Mitte des festlichen Gottesdienstes angekommen.
Das nächste Bläserstück „We´re on our way“ von Richard Roblee, den einige Bläser von Bläserkursen her kennen, ist von dem Komponisten mit dem Attribut „majestätisch“ versehen worden. Es stellt an die Dynamik des Blasens ziemlich hohe Anforderungen. Albert signalisierte am Ende mit aufrechtem Daumen: gelungen!
Die Festpredigt stellte Pfarrer Siegfried Schmidt unter den Psalm 98,6: „Mit Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem Herrn, dem König!“
Es war für viele eine bewegende Predigt. Anschaulich lud er die Gemeinde zu einem gedanklichen Spaziergang auf den Turm der Kirche ein. Ausgetretene Sandsteinstufen… über eine Holztreppe in den Turm… ganz oben wird es wackeliger… Holzkonstruktionen… die alten Holzstufen abgenutzt und
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krumm… Schallluken, die sich öffnen lassen. Man hat jetzt einen ganz einzigartigen Blick über die Dächer der Stadt! Viele Generationen von Bläsern sind die Stufen hinaufgegangen. Die älteren der Schlitzer Bläser sind hunderte Male über die letzten Jahrzehnte diesen Weg hochgekraxelt. Rührung!
„Dort oben in luftiger Höhe verändert sich der Blick auf unser Leben!“, rief Pfarrer Schmidt aus. „Von dort oben aus sieht man die Orte unseres Lebens, aber in einem viel größeren Zusammenhang.“ Und weiter: „Es ist eine Perspektive, die man in der Betriebsamkeit… des Alltags so nicht haben kann, weil ja alles andere so nahe ist, was uns täglich in Atem hält… Unser Leben ist Teil eines großen Ganzen… Und die Perspektive, mit der sonntags das Turmblasen geschieht, es ist eine Perspektive, die uns etwas ahnen lässt von dem Blick Gottes auf unser Leben.“ Und dann: „…Das ist die Botschaft der Turmbläser: Gott ist der Herr der Welt! Deine Zeit steht in seinen Händen!...“
Und Siegfried Schmidt schloss seine Predigt: „…es ist gut, dass die Trompeten und Posaunen einen so kräftigen und lauten Klang haben, denn wir brauchen diese kräftige Stimme im Lärm und auch im Jammer unseres Lebens… Deshalb sollen wir mit den
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Posaunen immer wieder einmal die Turmperspektive über unser Leben einnehmen, denn es stimmt, was sie uns zurufen: Gott ist der Herr des Lebens, deshalb jauchzet vor dem Herrn, dem König!“
Wie auch bei den Gemeindeliedern vorher, alle vier Lieder wurden von den Bläsern im Wechsel mit der Orgel begleitet. Der Gemeindegesang, kräftig und frei gesungen, drang bis in die Ohren der Bläser und mischte sich wohltuend mit den Blasklängen.
Man war am Ende des feierlichen Gottesdienstes angekommen.
Ein Swingstück war angesagt. Für viele der Bläser ein musikalisches Highlight. „There´s a meeting here tonight“ hieß es und stammt von Traugott Fünfgeld. Albert hatte den Bläsern viel Mut gemacht, frei und im Swingstyle zu blasen. Den jüngeren Bläsern fiel das naturgemäß leichter. Die älteren hatten gut geübt. Irgendwie spürte man, viele Bläser waren tief bewegt von dem Erlebten. Der Bläserchor war sehr zufrieden und dankbar und spürte Wohlwollen und Wärme, die von vielen Gottesdienstbesuchern ihm entgegenschwappte.
Spontan entschied sich Albert Wanner, mit dem Chorallied zu enden, das über die Jahrhunderte hin über den Dächern der Stadt erklungen ist: „Ach bleib mit Deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ..“.
Alle Bläser und Gottesdienstbesucher wurden zum Ausklang des Festes zu einer herzhaften Erbsensuppe mit Würstchen und zu Kaffee und Kuchen in das Gemeindehaus eingeladen.
Georg wurde für 50 Jahre geehrt
Günter nahm die Urkunde in Empfang
Die „Jungbläser“ wurden geehrt
Ehrung der „Altbläser“
Hermann und Horst bei ihrem Vortrag