Unser Ausflug nach Eckartsberga (2004)
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Folgendes stand darüber im Schlitzer Bote:

Schlitzer Turmbläser in Eckartsberga

Gerne haben wir im Frühjahr zugesagt, als Christian "als Gast" beim Turmblasen auf dem Schlitzer Kirchturm vorsichtig anfragte, ob wir denn Lust hätten, im September zum Waldgottesdienst in seiner Pfarrei mitzuwirken.

Christian Plötner, seit zwei Jahren zusammen mit seiner Frau Bettina Pfarrer bzw. Pfarrerin im Sachsen-Anhaltinischen Eckartsberga, war lange Zeit als Schlitzer Gewächs Bläser im Ev. Posaunenchor und ließ es sich seitdem nicht nehmen, zu gelegentlichen Besuchen in "seinem" Schlitz auf dem Turm mitzublasen.

Studienhalber hatte es ihn vor Jahren von Schlitz über Naumburg nach Halle/Saale verschlagen, wo er, wie das Leben so spielt, seine Studienkollegin Bettina aus Naumburg kennen lernte und heiratete.

Nun teilen sich beide die Pfarrstelle in Eckartsberga, wo sie in diesem Jahr ins sehr schön renovierte Pfarrhaus eingezogen sind.

Am 11. September war es so weit. Verteilt auf zwei Pkw machten sich Hermann, Hardi, Andreas, Georg, Günter und Heike auf den Weg in Richtung Hermsdorfer Dreieck. Vorbei an Eisenach, Erfurt und Weimar streiften wir den Ettelsberg mit dem alles überragenden Mahnmal des ehem. KZ Buchenwald und erreichten am späten Nachmittag mit Hilfe Hermanns Navigationssystems im verwinkelten Eckartsberga das Plötner'sche Pfarrhaus. "Wirklich, die Schlitzer sind da!" umarmte uns Christian sichtlich gerührt. Es gab im sonnenüberfluteten Pfarrgarten zunächst einmal Kaffee und Plätzchen und viele erste Fragen hin und her über das Ergehen. Bei der Besichtigung des idyllisch gelegenen Pfarr- und Gemeindehauses wurden wir sehr herzlich von Bettina, noch in der Küche zugange, begrüßt und ein wenig scheu und zurückhaltend von den Kindern Clara (6) und Johannes (4), die gerade Kinderbesuch hatten.

In der gegenüberliegenden Kirche wurde dann flugs noch eine Probe abgehalten, um Christian, der den Tenorpart übernommen hatte, in den Chor zu integrieren und uns mit Akustik, Bläserstücken und Instrumenten vertraut zu machen. Alles kein Problem, wir hatten uns ja gut zu Hause vorbereitet!

Christian war es wichtig, uns im Anschluss ein Projekt zu zeigen, das uns "Westler" tief beeindruckt hat: Als man in dem kleinen Flecken Seena (Christians und Bettinas Kirchensprengel besteht aus 17 mehr oder weniger kleinen Dörfchen) 2001 vor der Frage stand, das winzige barocke Dorfkirchlein abzureißen oder irgendwie zu erhalten (die Kirchenkassen sind leer), fand sich eine Handvoll Männer des Dorfes bereit, "ihr" Gotteshaus in Selbstarbeit und ohne Bezahlung zu retten und restaurieren. Diese Männer sind Arbeitslose, Vorruheständler und Rentner und stehen der Kirche nicht alle unbedingt nahe. Ihre Motive zur Mitarbeit sind daher höchst unterschiedlich. Was ihnen aber allen gemein ist, ist ihre große Zufriedenheit und ihr spürbarer Stolz, aus einer Ruine in über dreijähriger Arbeit ein Schmuckkästlein gemacht zu haben, das demnächst in einem Gottesdienst in Anwesenheit des Landesbischofs eingeweiht und der Gemeinde übergeben wird. Was für ein Gegenbild zu all dem Genörgele und all den Jammerorgien landauf und landab!

So hatten wir dann nach einem Abendessen im Pfarrhaus, wo sehr bekömmliche regionale Spezialitäten aufgetischt wurden, bis gegen Mitternacht Gelegenheit, in intensiven Gesprächen einen Einblick zu erhalten über die Erfahrungen eines jungen Pfarrerehepaares: es gibt eine Menge an Erfahrungen, die dankbar und froh stimmen, aber auch Probleme, die belasten und bedrücken. Eigentlich Strukturen, wie wir sie von den Pfarrämtern in den alten Bundesländern auch kennen, sicherlich mit Akzentverschiebungen und Verschärfungen in den neuen.

Es hatte in der Nacht heftig zu regnen begonnen und so stellte sich beim Frühstück im Pfarrhaus die Frage, ob der Gottesdienst überhaupt im Wald stattfinden könne. Nach einigem Warten und sorgfältigem Beobachten der Wetterlage entschied man sich, doch in die Kirche zu gehen, um alle Risiken auszuschalten. Die Telefondrähte liefen heiß und die Gemeinde wurde über eine Telefonkette umbestellt.

Bettina hielt die Liturgie, Christian die Predigt und wir Bläser umrahmten den Gottesdienst mit alten Bläsermusiken und begleiteten die Gemeindelieder. Dass es genug Grund gibt, Gott zu loben und zu danken ­ diesen Kernpunkt der Predigt spürten wir nach dem Gottesdienst in der Freundlichkeit der Gottesdienstbesucher mit- und untereinander.

Es bot sich natürlich an, nachdem wir uns mit Thüringer Roster gestärkt hatten, auf dem nahe gelegenen Kirchturm einige Choräle zu blasen und mit dem Schlitzer Lied (Christians Wunsch) verabschiedeten wir uns von der Gemeinde.

Am "Tag des offenen Denkmals" ließen wir es uns dann nicht nehmen, im Ort ein historisches Scharfrichterhaus, eine alte restaurierte Holländerwindmühle - mit einem ungewöhnlichen zehnspeichigen Windrad - auf einem nahen Berg und eine fast 100-jährige restaurierte Dampflokomotive zu besichtigen.

Auf allgemeinen Wunsch hin machten wir vor der Rückreise noch einen Abstecher nach Naumburg und besichtigten dort den wunderschönen Dom.

Nach einem herzlichen Dankeschön für die schöne Zeit nahmen wir Abschied von den Plötners und erreichten spät am Abend Schlitz.


Text: Günter Hohmeier - Fotos: Hermann Franke
Gerade angekommen...
Beim Abendessen
Auftritt in der Kirche
Beim Gartenfest
Turmblasen muss sein...
Abschiedsständchen...